Anfang des Waldes

Sie lachte kurz und hart auf.
"Ach Jacob. Du hast nichts aufgerissen. Ich bin selber schuld. Leider vermassel ich manchmal meine oberflächlige Betrachtung. Und das mit den Gefühlen funktioniert wirklich. Ob di glaubst oder nicht. Ich habe es bei mir und Anderen schon vorgenommen. Kann ein ganz schönes Stück Arbeit sein. Das sag ich dir. Aber es funktioniert."

Sofort verschloss er sich wieder ein wenig, da der harte Klang ihres Lachen ihn daran erinnerte, wen er da vor sich sitzen hatte. "Oh richtig, natürlich. Dann wünsche ich dir dabei viel Erfolg. Ich habe da andere Erfahrungen, aber bei euch ist ja einiges möglich." Er verdrehte kurz die Augen und seufzte leise auf.

"Wenn wir uns länger kennen würden, und du nicht so eine Abscheu vor mir und meiner Art hättest,-was ich gut verstehen kann-, dann würde ich dich jetzt in den Arm nehmen. Ich... könnte es dir auch beibringen wenn du willst. Ich weiß worum es geht. Bella hat es mir erzählt. Und es tut mir für alle beteiligten Personen leid. Und wenn ich dir helfen kann, dann kach ich es gerne." Man sah ihr an, dass sie mit jedem Wort die Wahrheit sprach.

"Sie hat..", er verstummte kurz und schüttelte leicht den Kopf. "Wenn du sowieso Bescheid weißt. Es kling zu verlockend, was du sagst. Gefühle auslöschen, wäre doch perfekt." Ein bitteres, fast hämisches Lachen entwich seiner Kehle. "Abscheu ist ein hartes Wort, aber von euch, habe ich nicht gerade Gutes erfahren.." murmelte er leise hinterher und starrte auf den Waldboden.

"Es muss nicht ausgelöscht werden. Man kann es auch... ändern.
Ich kann es verstehen. Seit Generationen hasst ihr uns. Und das mit Bella und Edward ist für dich, für euch alle, nicht gerade prickelnd. Und ich bin dir nicht böse, wenn du mich in dieselbe Schublade verfrachtest. Das kann ich mehr als nachvollziehen. Aber eigentlich müsstest du wisse, man kann nicht von einem auf alle schließen."

Sein Blick lag noch immer starr auf dem Waldboden und er seufzt abermals. "Hast du den Eindruck, dass ich das tue?", fragte er ernst und hob ganz langsam den Blick wieder zu ihr. "Ich weiß, dass ihr nicht alle gleich seid und alles, aber nachdem ganzen Chaos.." Da Madeline die Geschichte ja kannte, ließ er den Satz unvollendet. "Naja, wenn du das Gefühl hast, dann tut es mir leid, ich gelobe Besserung.", murmelte er leise. Sich zu entschuldigen fiel ihm schwer.

"Ich weiß nicht. Ich glaube es gibt ein bestimmtes Schema. Zuerst kommt: Vampir. Vampir ist gleich Blutsauger, Bedrohung. Dann kommt: Vampir hat Namen, Charakter ist da. Und dann kommt ein Teil zum Anderen. Es könnte sich alles auf einen Schlag ändern. Nicht die Sicht auf alles. Aber die Sicht auf eine einzelne Person. Du bist zum Beispiel der erste Werwolf den ich sehe. Ich denke nur: Netter junger Mann, sieht gut aus, ist sehr groß, deprimiert hat aber eine fröhliche, natürliche Aura die ihn umgibt. Bei mir habe ich noch keine Schublade für dich gefunden. Verstehst du den Unsinn den ich gerade von mir gebe?", lacht sie.

Eine Weile musste er darüber nachdenken, was sie ihm hier eröffnete und es war ein befremdliches Gefühl mit einem Vampir, noch dazu mit einer Cullen darüber zu reden, aber es gab sich nach einer Weile und so versuchte er sich das was sie sagte zu Herzen zu nehmen. "Vielleicht", begann er und räusperte sich kurz, "vielleicht hast du recht, ja. Du bist da wohl in eine Schublade reingeraten, wo du anscheinend noch nicht hingehörst.", gestand er ihr zu und musste bei ihrer Einschätzung seinerseites sogar wirklich lachen. "Klar, mit ein bisschem Nachdenken, klingt es auch gar nicht so unsinnig." Diesmal schenkte er ihr ein echtes Lächeln, als er von Boden wieder aufsah und ihr ins Gesicht sah.

Madeline lächelte erleichtert.
"Du bist wirklich nett. Sind alle aus dem Rudel so? Darfst du darauf überhaupt antworten? Ist wahrscheinlich genauso geheim wie der Vampirkram. Wie alt bist du eigentlich? Bist du hier geboren? Nerven dich meine Fragen?"

Jake lachte auf und sah Madeline an. "Hast du das eben nicht alles schon heraus gefunden, als du in meinen Gedanken spazieren gegangen bist?", erkundigte er sich mit einem amüsiertem Unterton. "Also schön, ich bin 16 und hier geboren und aufgewachsen und wie die anderem aus meinem..Rudel sind, musst du schon selbst auskundschaften." Dann machte er eine kurze Pause und schüttelte den Kopf. "Nein, tun sie nicht, ich hatte in der letzten Zeit nicht so viel Gelegenheit zu reden. Es ist also eine sehr willkommene Abwechslung.", schloss er und grinste wieder schief.

"Nur weil ich kurz in deinem Kopf war, bedeutet das nicht, dass ich sofort alles über dich herausgefunden habe. Schließlich war ich nur in einem kurzen Moment in einem kleinen Bereich. Warum hattest du in letzter Zeit nicht so viele Gelegenheiten? 16? Wow. Muss wohl an den Genen liegen. Du siehst wirklich sehr erwachsen aus. Ich mag dein lächeln. Das erfüllt einen mit Wärme." Sie grinste ihn schief an.

Beruhigt über die Tatsache, dass seine Gegenüber noch nicht all seine Geheimnisse kannte, lächelte er erneut und nicht nur, weil sie gesagt hatte, dass sie es mochte. "Danke, das hört man doch gerne...", murmelte er ein wenig durcheinander von dem Kompliment. Er musste wohl wirklich anfangen an seinem Bild von Vampiren und Cullens im Speziellen zu arbeiten. "Naja, es hat sich nicht so ergeben, dass Jemand mit dem ich reden wollte in der Nähe war." Er fuhr sich etwas verlegen - klang das doch eher nicht nach einem coolen, beliebten Typen - am Hinterkopf entlang und verzog das Gesicht ein wenig.

"Achso. Das klingt schon logisch. Aber willst du denn keinen Kontakt von dir aus aufbauen? Ich mein, Einsamkeit ist schön und gut. Aber manchmal braucht man auch Menschen oder jedenfalls jemanden von seiner Art um sich. Ein Bisschen von Allem. Hast du eigentlich ein Auto? Ich liebe Autos. Alles was Räder hat. Vor allem große Verkehrsmittel. Bist du schon einmal einen Sportwagen gefahren? Oder einen Geländewagen? Ich mein, du bist ein Junge. Da interessiert man sich doch für sowas." Neugierig sah sie ihn von der Seite an. Ihr gefiel das Gespräch. Es war so aufregend.

Jake ließ ein leises Seufzen hören. "Doch schon, mach ich ja auch, normalerweise. Im Augenblick ist mir aber weniger danach - es ist viel passiert.", stellte er ohne Scheu fest. Sie wusste doch ohnehin schon alles. Wäre sie nicht im selben Moment auf sein Lieblingsthema gekommen, er hätte sich wohl davon gestohlen. Staunend und mit einem so noch nie gezeigtem Leuchten in den Augen sah er Madeline an. "Du..du magst Autos? Das ist super, ich liebe es daran herumzubasteln. Der Duft von Motoröl, die Geräusche, frisches Gummi und das blitzende Chrom.." Seine Stimme überschlug sich beinahe vor Begeisterung. Jeder Gedanke an Flucht war verschwunden und er sah das Mädchen mit ganz anderen Augen. "Sportwagen sind nicht schlecht, aber zum dran herum schrauben nicht gerade geeignet. Da sind die alten Kisten besser." Er musste sich wirklich zusammen reißen, jetzt nicht noch Weiter darüber zu philosophieren.

"Ohja. Man sollte wirklich vorsichtig sein wenn man an ihnen bastelt. Aber ein Freund von mir hat einen Sportwagen mal auf bis zu 580 PS hochgeschraubt. Ein wirklich tolles Gefühl. Das Öl riecht wirklich toll. Ich kenne keinen vergleichbaren Geruch. Oder mit dem Motorrad fahren. Einfach nur toll. Der Wind, die Geschwindigkeit... Ein wunderbarer Rausch. Ich liebe es. Pure Freiheit. Wie beim Rennen." Ihre Augen glühten und strahlten vor Begeisterung.

Nicht viele Mädchen hatten diesen Glanz in den Augen, wenn sie über Autos sprachen und so lachte Jake ein warmes, echtes Lächeln. "Du scheinst wirklich zu wissen, wovon du sprichst. Es ist ein tolles Gefühl." Das mit dem Rennen konnte er zwar nicht nach empfinden, aber wenn der Wind ins Gesicht peitschte und das Haar zersauste. "Pure Freiheit trifft es wirklich gut.", stimmte er ihr gerne zu und träumte sich in Gedanken auf die Straße.

"Aber als Werwolf rennt man doch auch schnell oder nicht? Das würde ich denken. Warum sollte ich nichts von Autos verstehen?" Sie runzelte die Stirn. "Nur weil ich ein Mädchen bin?"

"Gibt ja nicht so viele Mädchen, die sich dafür interessieren, was hinter dem schön glänzenden Metall steckt. Oder vielleicht hab ich auch einfach noch nicht so viele getroffen.", korrigierte er sich hastig, um nicht eine Typisch-Mann Typisch-Frau Diskussion zu geraten, die man nur verlieren konnte. "Und was machst du sonst noch so gerne?" Wieder sah er sie interessiert von der Seite an und bemerkte ihre gerunzelte Stirn. "Ich wollte dich mit der Bemerkung nicht verärgern.." Ganz im Gegenteil eigentlich.

"Ich kenne eigentlich einige Mädchen die auch auf Autos stehen. Ich tanze unheimlich gerne. Ich kann praktisch jeden Tanz den es gibt. Also solltest du mal Hilfe brauchen, zum Beispiel für einen Schulball, dann kannst du mich fragen." Sie grinste ihn an. "Du hast mich nicht verärgert. Keine Sorge. Ich reiß dir nicht gleich die Kehle raus!" Sie lachte laut und unbeschwert.

Er musste lachen und hob seine Hand zu seiner Kehle. "Beruhigend zu wissen, ich hänge da ein bisschen dran, musst du wissen." Er zwinkerte ihr kurz zu und legte anschließend den Kopf schief. "Tanzen, ob das etwas für Jemanden mit Wolfspfoten ist? Ich hab es bisher nicht gewagt. Aber wenn du so ein Talent bist.." Eigentlich klang die Idee wirklich nicht übel, Musik mochte er immerhin gerne, aber bisher hatte er sich nie vorstellen können sich dazu im Takt nach vorgegeben Schritten zu bewegen. Man musste vielleicht auch einfach mal etwas Neues ausprobieren. Und wenn er jetzt schon einen fröhlichen Plausch mit einem Vampir aus der Cullenfamilie hielt, warum nicht auch tanzen. Diesen Gedanken hing er eine Weile nach, bis ihm auffiel, wie schweigsam er dabei geworden war und er grinste ein wenig verlegen. "Ich hab mir das gerade vorgestellt..", versuchte er zu erklären.

"Nicht so schlimm. So was muss man halt überdenken. Und es gibt viele, endschuldige bitte den Ausdruck, viele tanzende Hunde. Ich habe selber mal einen gesehen. Außerdem sollst du ja nicht in deiner Wolfsgestalt tanzen sondern als Mensch. Aber als Wolf wäre es bestimmt... amüsant." Sie teilte mit ihm die Vorstellung und fing an zu lachen. "Also das Angebot steht. Du musst nur zu mir kommen oder dich anderweitig mit mir in Kontakt setzten und dann machen wir einen Termin aus."

Über der Vorstellung, wie er als Werwolf zu Musik tanzte, war es schwer ernst zu bleiben und so musste Jake erneut erstmal lachen, bevor er sich kurz über die Augen wischte und Madeline angrinste. "Ich nehm dich beim Wort, ich will es unbedingt lernen.", verkündete er nach einigem kurzen Überlegen noch einmal. "Wo find ich dich denn?", erkundigte er sich und hoffte, sie nicht bei den Cullens aufsuchen zu müssen. Er wäre wohl nicht sehr willkommen dort. "Im Wald lässt sich wohl schlecht tanzen üben.."

"Ich wohne bei den Cullens. Ab und an bin ich auch bei Bella. Am besten gebe ich dir meine Nummer." Kurz war sie verschwunden, dann saß sie wieder mit einem Zettel in der Hand neben Jacob auf dem Stein. "Wir könnten uns ja treffen. Es gibt hier einige schöne Lichtungen die ganz gut geeignet sind. Ansonsten müssen wir auf einem verlassenen Parkplatz üben, wenn es dich nicht stört. Ich mache dann meinen MP3-Player fertig und dann können wir loslegen. Es ist toll endlich jemanden gefunden zu haben. Vor allem einen hübschen jungen Mann. Das kommt selten vor." Sie grinste ihn spitzbübisch an.

Ausgerechnet. Jake nickte zustimmend und sah ihr schließlich zu, wie sie ihre Nummer auf einen Zettel schrieb. "Parkplatz oder Lichtung klingt beides super, find ich.", erklärte Jake zufrieden und das Grinsen auf seinen Lippen wurde für einen Moment noch ein wenig breiter. "Danke, das hört man gerne." Er war ganz froh, dass er nicht rot wurde, das wäre ihm dann wohl wirklich peinlich gewesen. "Ich hoffe, dass ich nicht zu untalentiert bin.."

"Ach Quatsch. Das ist wie mit singen.Man braucht die richtige Melodie, den richtigen Stil und das richtige Lied. Genauso ist es mit dem Tanzen. Und ein paar Schritte werde ich dir schon beibringen können. Und wenn du mir auf den Fuß trittst, dann tritt ich zurück.", sagte sie lachend.