Der Wasserfall

Sie seufzte.
"Das habe ich mir schon so gedacht. Aber das ist egal. Sollen die Anderen sagen und denken was sie wollen. Das ist nicht unser Problem." Madeline stellte sich auf die Zehenspitzen und zog seinen Kopf sanft herunter. Sacht legte sie ihre Lippen erneut auf seine.

"Meins vielleicht nicht aber wenn du mit dem Unruhestifter Jake.." Viel weiter kam er nicht mehr, da näherten sich schon wieder Madelins Lippen den seinen und auch schon ohne ihr dazu tun, senkte er den Kopf ein wenig und küsste sie erneut. So einfach ließen sich manchmal zweifelnde Gedanken ausknippsen und die Tatsache, dass sie ein Vampir und er ein Werwolf trat für die Dauer des Kusses zumindest für Jake in den Hintergrund.

Madeline wusste nicht, welche Art zu küssen ihr besser gefiel. Die Leidenschaftliche von vorhin oder die Sanfte die sie gerade praktizierte. Gegen ihren Willen kamen auch andere Gedanken auf. Die Erinnerung an ihre Vergangenheit die sie mal wieder einholte. Langsam ließ sie von Jacob ab. Ihr Atem ging nun nicht so heftig wie vorher. Nachdenklich schaute sie ihm in die Augen.
Ich sollte es ihm sagen. Aber ich will nicht. Dann hätte ich ihn verloren., dachte sie verzweifelt. Sie musste aber konnte ihm nicht sagen, was der Anruf ebend zu bedeuten hatte.
Diese Person gibt es nicht mehr!, hatte sie geschnauzt. Nun kamen Zweifel in ihr auf. Gab es diese Persönlichket doch noch? Machte sie sich etwas vor? Verzweifelt stöhnte sie auf. Sie setzte sich hin und schaute missmutig auf das Wasser.

Als er die Augen öffnete und in Madelines sah, bemerkte er sofort, dass es ihr nicht wie ihm ging. Sie unterbrach den Kuss wieder und auch wenn er ihre Gedanken nicht lesen konnte, war er doch sicher, dass sie etwas ernstes beschäftigte.
Ihr nachdenklicher Blick, machte ihn nervös und er verfolgte jede ihrer Regung mit Argwohn.
"Was ist? Stimmt etwas nicht? Ist dir das doch zu kompliziert? Oder hab ich was falsch gemacht?" Jake biss sich selbst auf die Zunge, als ihm auffiel, dass er immer verzweifelter geklungen hatte. Wo war es denn nur hin, dass schöne Selbstwertgefühl?
Langsam ging er neben ihr in die Hocke und richtete seinen Blick ebenfalls auf das Wasser.
"Hat es mit dem Anruf zu tun?" Erst jetzt klang er wieder etwas gefasster und warf ihr einen fragenden Seitenblick zu.

"Es hat nichts mit dir zu tun. Jedenfalls nicht direkt. Du hast nichts falsch gemacht und es ist mir auch nicht zu komplkiziert. Es hat wirklich mit dem Anruf zu tun. Das wirft mich richtig aus der Bahn. Ich hab dir vorhin angesehen, dass du wissen möchtest was los ist. Aber ich weß nicht, ob ich es dir erklären kann, ohne dass du mich danach trotz allem verabscheuen könntest..." Ihre Stimme brach und sie verzog gequält das Gesicht. Madeline ließ ihren Kopf und die Hände sinken und rieb über ihr Gesicht und ihre fast trockenden Haare.

Jake holte tief Luft und legte seinen Arm um sie. "Pass auf, ich fürchte, dass es mir schwer fallen wird, dich zu verabscheuen, aber diese Andeutungen machen mich nervös und Ungewissheit ist schlimmer als die Wahrheit. Da kommen einen die schlimmsten Vorstellungen.", erklärte er und lächelte ein warmes Lächeln.
"Und wenn es dich so quält, dann muss ich sowieso wissen. Ich meine, wie soll ich mit dir glücklich werden und alles, wenn etwas - oder sagen wir besser - noch mehr zwischen uns steht."
Seine Hand strich ihr an ihrer Seite entlang und er hoffte, sie würde sich nicht bedrängt fühlen.

Bei seiner Berührung durchfuhr sie ein Schauder.
"Die schlimmsten Vorstellungen können es nicht toppen. Glaub mir...", meinte sie düster und holte tief Luft.
"John, Jared, Tristan, ein paar andere Vampire und ich waren in einer Einheit könnte man sagen. Wir waren fast wie die Volturi. Wir bekämpften die Vampire, die sich mehr nahmen als sie brauchten und unnötig Menschen quälten. Weil ich gut kämpfte und schnell tötete, nannte man mich nach kurzer Zeit Gevatterin Tod. Der Name machte mir weniger aus als meine Taten. Durch meine Gabe, nahm ich mich durch die Augen meiner Opfer wahr. Ich hab an die 150 Vampire getötet. Viele kamen irgendwann auf die abstoßende Idee, kleine Kinder zu wandeln. Sie waren zwischen 2 und 8 Jahre alt. Und überaus gefährlich. Es ist schlimm gewesen. Sie waren so mächtig. Wehe sie hatten einen Trotzanfall. Dann war keiner vor ihnen sicher. Auch ein paar von ihnen musste ich töten. Das letzte Mal, dass ich einen Vampir zur Strecke gebracht habe ist an die 4 Wochen her. Mein alter Freund Jared und ein anderer mussten daran glauben. John hatte wieder einen neuen Auftrag für mich. Aber ich habe dieser sache schon lange abgeschworen. Wie ich dir schon sagte Jacob, ich bin nicht das sanfte Wesen für das du mich hälst." Sie schwieg. Ließ die Worte auf ihn wirken und kaute verzweifelt und ängstlich an ihrer Unterlippe.

Madeline schien niemand zu sein, der zu Übertreibungen neigte, denn was Jake über sie zu hören bekam, übertraf das, was er sich insgeheim schon ausgemalt wirklich nochmal.
Seine Miene wurde immer dunkler, je weiter sie sprach und ein paar Mal war er kurz davor gewesen, sich die Ohren zu zu halten oder aufzustehen und einfach davon zu laufen.
Seine Atemzüge wurden immer flacher und schneller, während sein ganzer Körper sich zu verspannen versuchte.
Es war ja nicht so, dass eine Verbindung zwischen Werwolf und Vampir alleine einfach gewesen wäre, nein diese Tatsache erschien ihm weitaus weniger bedeutend, als das was er gerade über sie erfahren hatte. Das hatte er ihr wirklich nicht zugetraut und so schluckte er hart, behielt seine Hand aber zunächts, wo sie war, auf ihrer Taille ruhend.
Er musste sich zwar zwingen zu bleiben, denn weglaufen erschien gerade so verlockend, aber dann wäre seine starken Worte von eben nur leeres Geschwätz.
"Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, Mady..", erklärte er schließlich und runzelte beim Blick über das ruhige Wasser ein wenig die Stirn. "Das ist ...ich weiß natürlich, dass ihr Vampire tötet..es ist nur so.." Seine Gedanken verheddert vollkommen und er fiel wieder ins Schweigen zurück. "Was die anderen Vampire getan ist abscheulich..", stellte er schließlich fest. Kleine Kinder, die einzigen wohl wirklich unschuldigen Wesen, so einem Schicksals auszusetzen, widerte ihn an und schürte den tief verwurzelten Hass auf die Cold ones nur noch einmal.
Jetzt spürte er auch die Kälte unter seiner Hand wieder, dort wo diese Madelines Körper berührte und er zuckte zurück, stütze sich damit am Boden ab.

Madeline wusste, sie hätte es nicht sagen sollte. Seinen Fluchtinsinkt konnte er nicht verbergen.
"Wenn du willst, kannst du gehen. Ich nehme es dir nicht übel.", meinte sie schwach. Eine blutrote Träne rann ihre Wange herunter.

"Ich will nicht gehen." entgegnete er nicht überzeugend, weil er wirklich zu hin und hergerissen war. "Ich meine, ein Teil von mir will schon, der Teil von mir der sowieso nichts mit euch zu tun haben wollte." Er schluckte als er aus den Augenwinkeln etwas blutrotes ihre Wangen herunter laufen sah. Als er weiter sprach kam jedes Wort etwas zögernder und atemloser. "Aber der andere sieht in dir eben immer noch die, die du für mich geworden bist. Das hört doch nicht auf, von einer Sekunde auf die andere." Langsam brachte er wieder den Mut auf sich zu ihr zu drehen und sie anzusehen.
"Noch etwas auf der Liste der Dinge, durch die wir durchmüssen. Bei manchen Paaren kommen die Probleme erst hinterher, wir rollen das Feld eben von hinten auf.."
Es sollte nicht zynisch klingen, auch wenn es das wahrscheinlich tat, aber eigentlich versuchte Jake nur die Beklommenheit zu brechen und ein bisschen von der Schwere aus dem Gespräch zu nehmen.

Die Tränen wurden nun mehr. Sie traute sich nicht ihn anzusehen. Sie schluchzte leise bei seinen Worten und fing an zu zittern. Madeline wusste nicht was sie dazu sagen sollte und schwieg weiterhin. Die blutigen Tränen troften auf den Boden und ihren Badeanzug.

"Mady nicht weinen...ich bin doch noch da..und ich werd schon nicht gehen, das hab ich doch gesagt.", bekräftigte er sich selbst noch mal, während er zögerlicher als vorher seinen Arm wieder hob, um sie legte und etwas zu sich heran drückte.
Tränen für sich waren schon nicht sein Fall, aber blutige noch viel weniger, also sah er an ihnen ein wenig vorbei und versuchte beruhigend auf sie einzureden. "Außerdem hast du immerhin andere vor Schlimmen Schicksal bewahrt, ich will dich zwar nicht zur Heldin machen, aber was passiert wäre, wenn ihr nicht eingegriffen hättet, will ich mir z. B nicht vorstellen."

Sie wischte die Tränen mit dem Handrücken weg und legte ihren Kopf in seinen Schoß. Leise schluchzte sie vor sich hin.
"Du weißt nich wie es ist ein Kind zu töten.", flüsterte sie mit erstickter Stimme.

Jake schluckte erneut hart. "Nein weiß ich nicht. Ich muss es aber auch nicht ausprobieren, um zu wissen, dass es schrecklich ist. Genauso wenig, muss ich dabei gewesen, um zu ahnen, wie es ist wenn ein kleines Kind, was sich sowieso schon noch nicht kontrollieren kann, ein Vampir wird, dessen Aufgabe es nun mal ist Blut zu trinken." hielt er dagegen so gut er konnte. Gegen seine Überzeugung - oder das was er jahrelang für seine Überzeugung gehalten hatte- hatte er sich in Madeline einen Vampir verliebt, jetzt musste er eben auch damit klar kommen, dass dieser das getan hatte, was in seinem Wesen lag.

Sie nickte nur schwach. Ihre Augen waren geschlossen. Die Bilder ließen sich nicht verdrängen.
"Ach Jacob...", seufzte sie. "Für diese Zeit hasse ich mich. Ich habe vielleicht wirklich vielen geholfen... Aber die Erinnerung ist schlimm."

Jake schwieg eine Weile und nickte anschließend leicht. "Das glaub ich.." Die Anspannung zwischen war deutlich zu spüren und da Jake nichts anderes mehr einfiel, um sie auf andere Gedanken zu bringen ohne sie schon wieder zu küssen, was zwar verlockend war, ihm aber gerade seltsam erschien, machte er sich die Position in der sie war zu nutze, hob sie hoch und trug sie ein paar Schritte ins Wasser, wo er sie wieder fallen ließ.
Das es kindisch, albern und wahrscheinlich in jeder Menge Ärger für ihn enden würde, wusster er, aber nach dem Drama brauchte er dieses kindliches Unbeschwertheit. Wenigstens für den Moment, wo sie untergetaucht war konnte er lachen.

Sie schaute ihn verwirrt an und keuchte erschrocken auf als sie im Wasser landete. Sie ließ sich kurz treiben und hörte ihn lachen.
Na warte Bürschchen. Das bekommst du zurück. Deine Klamotten sind eh wieder nass., flüsterte sie düster in seinen Gedanken. Sie schwomme tief am Grund und drehte eine Runde. Als sie nur noch ein paar Meter von ihm entfernt war, schlug sie einmal kräftig mit den Beinen und schwoss auf ihn zu. Madeline umklammerte seine Oberschenkel und riss ihn mit in die Tiefe.Sie sah seinen verblüfften Gesichtsausdruck und legte ihren Mund auf seinen. Langsam atmete sie aus.
Jetzt kannst du unter Wasser atmen., lachte sie in seinen Gedanken.

Jake musste nur noch mehr lachen, als er ihre Drohung in seinen Gedanken vernahm und das Grinsen auf seinen Lippen wurde immer breiter. Er verfolgte wie sie, typisch Vampir, sehr anmutig durch das Wasser glitt, doch dann war er nicht schnell genug verschwunden und zu überrascht, von der Kraft die sie hatte. Das er aber auch immer wieder vergessen musste, dass sie ein Vampir war.
Unter Wasser wollte er schon nach Luft schnappen und sich an die Oberfläche zurück paddeln, als er plötzlich wieder kalte Lippen auf seinen spürte und das mit dem Luftholen mit einem Mal nicht mehr so wichtig erschien.
Da er nicht antworten konnte, lächelte er auf ihre Worte in seinem Kopf nur mit den Augen, zog sie noch näher an sich heran und brachte sie nach vielen langen Atemzügen mit wenigen gekonnten Schwimmstößen wieder an die Oberfläche.
Erst dort löste er den Kuss auf und holte ganz tief Luft. Die Wassertropfen wischte er mit den Händen aus seinem Gesicht und warf einen Seitenblick zu Madeline.
"Nicht böse sein", murmelte er noch ein wenig keuchend, "ich mag deine Locken einfach so gerne."
Spitzbübisch grinste er sie an und drückte etwas Wasser aus seinem T-Shirt.

Als sie wieder an der Oberfläche ankamen fing sie an zu lachen.
"Meine Locken werden erst kommen, wenn meine Haare anfangen zu trocknen. Und das kann noch ein wenig dauern.", sagte sie geheimnisvoll und schwam auf Jacob zu.
"Das bringt nichts. Es wird eh wieder nass.", meinte sie nur verständnislos und zog ihm das T-Shirt über den Kopf. Wieder fing sie an zu lachen und brachte es an Land und legte es in einen Baum zum trocknen.
"Du sollst wenigstens etwas Trockenes nach her zum Anziehen haben", rief sie gespielt tadelnt im mütterlichen Tonfall.

"Aber dafür müssen sie ja auch erstmal nass sein." Er setzte eine besserwisserische Miene auf und hob gespielt belehrend den Zeigefinger. "Da bist du schon so alt und da muss man dir so etwas erst erklären." Sein leiser Spott verstummte sofort, als sie auf ihn zuschwamm und ihn von seinem T-Shirt befreite.
Seine Bauchmuskeln spannten sich ein wenig an und eine Gänsehaut lief ihm zum Glück nur über den Rücken. Ganz langsam ausatmend, folgte er ihr mit seinem Blick und biss sich anschließend auf die Unterlippe, ein lautes Lachen unterdrückend.
"Danke Mummy, was wäre ich nur ohne dich."
Er grinste und watete langsam zum Ufer, dort angekommen, überkam ihm mit einem Mal die Sehnsucht nach ihr, als wäre es nicht gerade mal zwei Minuten her, dass sie küssend getaucht waren.
Oh Jake, jetzt hat es dich richtig erwischt, oh oh.. Das Gefühl war merkwürdig und trotzdem kämpfte er es nicht nieder, sondern streckte seine Hand nach ihr aus. "Komm her" Er schob ein "Bitte" nach und warf ihr einen perfekten Hundeblick zu.

Sie fing an zu grinsen. "Ich wollte gerade zurück kommen. Und nenn mich nicht Mummy. In dieser 'Beziehung' ist das etwas unpassend." Madeline drehte sich zu ihm um und schaute ihn von oben bis unten an.
"Nett.", meinte sie mit einem anzüglichem Lächeln auf den Lippen und küsste ihn. Ihre Hände wühlten in seinen Haare und sie zog ihn zurück ins Wasser.